Nun bin ich in zweieinhalb Monaten schon über 5.000 Kilometer rein elektrisch gefahren und kam dabei an so mancher Ladesäule vorbei. Von denen gibt es eigentlich schon reichlich, allein man bekommt nicht immer Strom bei ihnen. Zurzeit gibt es in Deutschland noch zu viele Insellösungen und ein Ende ist nicht wirklich in Sicht.
So manches Unternehmen stellt sich ob des grünen Images, schon heute gerne eine Ladesäule für Elektroautos vor die Tür. Das dies oft nur eine Imagemaßnahme ist, merkt der Elektronaut spätestens dann, wenn er versucht dort zu laden. Ahnungslose Mitarbeiter „Welche Ladesäule?“ oder defekte Säulen waren auf meinen Reisen bisher die Regel und nicht die Ausnahme. Hinzu kommt, dass die Ladesäulen nur während der Öffnungszeiten zugänglich sind. Wer vor dem Sonntagsausflug noch Strom braucht steht vor verschlossenen Parkplätzen. Sicher, der Strom ist in der Regel kostenlos und bisher hat sich offensichtlich noch kein Elektroauto zu den Säulen verirrt. Das der Strom kostenlos ist, erwartet aber auch niemand. Die einfachste Lösung wäre ein Münzeinwurf oder EC-Abrechnung, wo ich heute schon an jedem Fahrkartenautomat mit EC-Karte zahlen kann.
Sie tun Gutes und schweigen darüber
Aber auch viele Stadtwerke setzen auf Insellösungen. Dabei gibt es drei Gruppen. Die einen gewähren ausschließlich ihren eigenen Kunden Zugang zu den Säulen, die anderen geben die Zugangsmedien auch an jeden heraus. Die Stadtwerke Münster sind ein schönes Beispiel, wie die Geschäftspolitik Elektromobilität nicht fördert, sondern ausbremst. Nur ihre eigenen Kunden dürfen laden. Das wäre, als dürfe ein Autofahrer nur bei Shell tanken, wenn er dort auch sein Heizöl kauft – völlig absurd.
Auf der anderen Seite stehen die Stadtwerke Mainz oder die Stadtwerke Wiesbaden (ESWE). In Mainz gibt es den Transponder für die Ladesäule für 20 Euro Pfand, allein die Säule hat kein Typ 2 Anschluss. In Wiesbaden gibt es die Telefonnummern, mit denen sich die Säulen aktivieren lassen auf Anfrage. Bei Mainova stehen sie auf den Ladesäulen drauf. Das abwegigste aber sind die Betreiber von Ladeinfrastruktur, die es geheim halten, dass sie Ladesäulen haben. Auf der Webseite sucht man vergeblich nach einem Hinweis. Wie etwa bei dem Energieversorger Rheinhessische. Auch in Reutlingen/Sindelfingen soll es angeblich Ladesäulen der Stadtwerke geben – im Netz findet sich dazu nichts.
Das Zauberwort heißt Roaming
Wenn Elektromobilität im Alltag ankommen soll, darf es nicht mehr 20 Ladekarten, 30 Telefonnummern und vier Autostromverträge bedürfen. Die Infrastruktur muss endlich barrierefrei zugänglich sein. Erste Ansätze dazu gibt es bereits. So gibt es mit Ladenetz.de einen Zusammenschluss mehrerer kommunaler Energieversorger. Mit einer Karte gibt es unter anderem Strom in Osnabrück, Trier oder München. In München sind aber nicht alle Ladesäulen der Stadtwerke mit der Ladenetz-Karte zugänglich. Ein weiteres Projekt was optimistisch stimmt ist intercharge.eu des Joint Ventures Hubject. Hier haben sich die RWE, EnBW, Daimler, BMW, Bosch und Siemens zusammengetan. Leider wird das Start von intercharge immer wieder verschoben. Siemens hat zudem angekündigt, aus der Produktion von Ladesäulen auszusteigen. Weil, so die Begründung, sich der Markt nicht wie geplant entwickele. Die intercharge-App ist bereits für Apple erhältlich. Für den Marktführer Android ist sie noch nicht erhältlich. Die zugehörigen QR-Code-Aufkleber sind aber auch auf den EnBW- und RWE-Säulen nicht zu finden. Von beiden Versorgern gibt es auch auf Nachfrage keine Infos zum Start und zu Tarifen.
Wer bei Stadtwerken oder anderen Anbietern mit Insellösungen nachfragt, warum sie nicht einem Verband angeschlossen sind, bekommt Aussagen wie, man wolle erst einmal die Marktentwicklung abwarten, ein schlichtes „Darum“ oder gar keine Antwort. Dass sich der Markt mit diesen Hürden nicht entwickelt, scheint den Betreibern nicht einzuleuchten. Also werde ich unfreiwillig zur Lobbyistin für vernetzte Ladeinfrastruktur und rede mir am Telefon den Mund fusselig oder schreibe mir die Finger schwielig und versuche die Anbieter zu überzeugen, sich einem der beiden Verbände anzuschließen. Keiner hat was von einer Ladesäule, an der niemand laden kann.
Ein weiteres Kuriosum ist der Verbund „Ich tanke Strom“ von Energieversorgern aus dem baden-württembergisch-bayerischen Grenzgebiet. Statt einer RFID-Karte verschickt der Verband eine ganze Mappe mit Karten und Zugangsnummern. Für jeden Versorger im Verbund eine. Bemerkenswert ist dabei, dass Allgäuer Überlandwerk zusätzlich Mitglied im Ladenetz ist und der Versorger LEW aus Augsburg Roaming-Partner der RWE und damit Mitglied bei intercharge ist. Dafür ist bei „Ich tanke Strom“ der Strom derzeit noch kostenlos.
Ein Bärendienst für die Elektromobilität
Die Hürden beim Zugang zu den Ladesäulen, lassen das dichte Netz in vielen Regionen schnell ausdünnen. Wenn die Säule in Autobahnnähe nicht zugänglich ist, und die zugängliche Säule am anderen Ende der Stadt liegt, stellt sich die Elektromobilität selbst ein Bein. Wer will zum Laden schon durch die ganze Stadt, gar in den Nachbarort gurken oder außerhalb der Öffnungszeiten ganz in die Röhre schauen.
Dabei wurden viele dieser Säulen mit öffentlicher Förderung gebaut. Leider kommt so von dieser Förderung nichts beim Verbraucher an. Vielmehr führt die Kleinstaaterei dazu, dass die Alltagstauglichkeit von Elektroautos eher behindert als gefördert wird. Hier muss endlich gehandelt werden. Es darf nur noch barrierefreie Infrastruktur gefördert werden. Nicht wie die Säule bei SAP, die zwar viele Förderaufkleber hat, aber für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Die Stadtwerke, Energieversorger und sonstigen Ladesäulenaufsteller die noch keinem Verband angehören, müssen endlich in die Pötte kommen und die Barrieren abbauen. Denn die Reichweiten steigen und schon heute können viele Elektroautos in kurzer Zeit vollgeladen werden. Der Aktionsradius der Autos steigt und damit der Bedarf an Ladesäulen außerhalb des Gebiets des eigenen Versorgers.
13 Kommentare
Du sprichst ein wahres Wort gelassen aus.
Dazu kommt:
Selbst wenn man dann die richtige Karte hat, der Parkplatz vor der Säule nicht von einem Verbrenner zugeparkt ist und der Anschluss dann sogar noch passt, dann steht irgendwo im Display „Störung“ oder „ausser Betrieb“.
Und weil man ja alle Versorger und Ihre Telefonnummern auswendig kennt, steht auch gleich keine Telefonnummer für den Kundenservice drauf…
Man investiert hier in eine Zukunft die es noch nicht gibt.
Überall braucht man Ladesäulen nur wenn jeder mit e-Autos rumfährt.
Wir werden erst einmal in eine Übergangsphase kommen wo die e-Autos zunehmen und die herkömmlichen abnehmen.
Hierzu wird einfach jede Tankstellen eine Ladesäule aufstellen und gut ist. Natürlich wird das noch einige Jahre dauern bis eben auch ab und zu ein e-Auto an der Tankstelle vorbeikommt, dann wird es aber schnell und flächendeckend gehen.
Derzeit würde ich empfehlen, auf die Wallbox von Renault bzw. RWE zu verzichten, sich die 1100 EUR auszahlen zu lassen, etwas Geld draufzulegen und sich eine mobile Box anzuschaffen (z.B. von crOhm). In die eigene Garage kommt ein vernünftiger CEE-Drehstromanschluss (22 kW) und daran die mobile Box.
Bei längeren Strecken nimmt man die mobile Box einfach mit. Dann kann man nicht nur an den Ladesäulen laden (und sich ggf. ärgern), sondern auch viele andere Möglichkeiten nutzen.
Interessant ist das Drehstromnetz (http://www.drehstromnetz.de/). Hier stellen sich Elektromobilisten gegenseitig Strom zur Verfügung, nach dem Motto: Jedes Mitglied kann bei mir aufladen, dafür kann ich bei allen anderen Mitgliedern aufladen.
Um Mitglied beim Drehstromnetz zu werden, muss man eine CEE-Drehstromdose (min. 11 kW, 24 h / 7 Tage) bereitstellen; die Adresse wird nur den Mitgliedern bekannt gegeben. Da es sich hier fast immer um Elektromobilisten handelt, kann man davon ausgehen, dass die Steckdosen in Ordnung sind. Bezahlung: keine, meist eine Spende. Nebeneffekt: man wird oft zu einem Kaffee eingeladen und kann „elektrische“ Gespräche führen. Das ist allemal interessanter als in einem Industriegebiet an einer Ladesäule rumzuhängen.
Mit einer mobilen Box kann man zur Not auch eine Schukodose benutzen; von denen gibt es noch viel mehr, die im LEMnet (http://www.lemnet.org/) verzeichnet sind.
Oder man kann auf einem Bauernhof nachfragen (Melkmaschinen hängen meist an Drehstrom), oder …
Gruß, Roland (LEMnet-Station 1808, Mitglied bei der Drehstromnetz)
Drehstromkiste ist schön und gut. Ich wohne aber zur Miete und kann keinen 11 kW Anschluss anbieten, bekomme daher auch keinen Zugang.
Es geht auch darum, dass es eine barrierefreie funktionierende Infrastruktur in den Städten und an den Autobahnem geht. Alltagstauglichkeit zeichnet sich durch schnelles unkompliziertes Laden aus. Das muss am Ende ohne irgendwelche Kisten im Kofferkaum gehen. Otto Normal und Lieschen Müller wollen ihr Auto in eine Dose stecken und fertig.
Hallo Jana,
wie ich schrieb: „derzeit“. Sicherlich muss das Laden von Elektroautos mal so selbstverständlich werden, wie heute das Tanken an der Tankstelle.
Aber in der Zwischenzeit hast du mit einer mobilen Box einfach mehr Möglichkeiten, ohne dich bei der Nutzung von Ladesäulen einschränken zu müssen.
Btw: Der Initiator der Drehstromliste wohnte seinerzeit auch zur Miete. Auf meiner Tour mit dem TWIKE vom Schwarzwald ins Ruhrgebiet reichte er mir den Stromanschluss aus dem Lichtschacht seines Kellerabteils. Wird auch nicht überall möglich sein, aber mit viel Ideenreichtum haben sich die Pioniere der Elektromobilität seit Mitte der Neunziger gegenseitig geholfen.
Gruß, Roland
Das ist ja eine tolle Idee! Bin begeistert!
Ein mobile Ladebox kann nicht die Lösung sein und ist im Zweifelsfall auch eher kontraproduktiv. Die Anbieter sind gefragt und die bewegen sich nur, wenn Bedarf erzeugt wird und entsprechender Druck seitens der E-Mobil Fahrer ausgeübt wird!
Hallo zoepionierin,
erstmal vielen Dank für die ganze Arbeit und Zeit, die du hier investierst.
Ich bin auch seit einiger Zeit sehr an einem Elektroauto interessiert und werde auch demnächst eine Probefahrt mit einem Zoe machen.
Die Problematik, die du schilderst hört sich sehr erschreckend an für Leute, die sich für eine Elektroauto interessieren.
Ein Blick in das Stromtankstellenverzeichnis zeigt mir auch, dass es in meinem PLZ-Gebiet (50127) keinerlei Stromtankstellen gibt!
Wenn ich mir wirklich ein Elektroauto zulege, wäre das kein großes Problem, da ich die Möglichkeit hätte eine Wallbox ein meiner Garage anzubringen. Die insgesamt 80 km Arbeitsweg wären also gesichert.
Aber es muss ja trotzdem etwas getan werden.
Mein Überlegung wäre z. B. Supermarktparkplätze mit solchen Tankstellen auszustatten. Der Image (und auch Kundengewinn) für diese Supermärkte, wäre doch ein Anreiz, bei dem man ansetzen könnte.
Wie gehst du bei sowas vor? Gibt es vielleicht ein Schreiben, dass man den Unternehmen zusenden könnte o. ä.?
Hallo Robert,
ein Standardschreiben habe ich nicht. Aber biete Deinem Supermarkt in der Nähe doch ewige Treue an, wenn er sich eine Ladestation montiert. Dort muss es ja nicht direkt die Luxus-Ladesäule sein. Eine einfache Wallbox erfüllt da auch ihren Zweck.
Ansonsten ist ´Dein lokaler Versorger (Stadtwerke) sicher der richtige Ansprechpartner. Laut deiner Postleitzahl wohnst du in RWE-Land. Also einfach mal bei RWE Mobility freundlich anfragen. https://www.rwe-mobility.com/web/cms/de/1157924/rwe-emobility/ In Kerpen stehen schon zwei RWE-Säulen.
Ich wünsche Dir viel Spaß bei Deiner Probefahrt. Ich bin sicher, dass Zoe dich auch überzeugen wird. Und wenn nicht, kommt schon bald der VW e-up und der BMW i3.
Weiss jemand, ob es für Baden-Württemberg, insbesondere Großraum Freiburg, eine Liste der möglichen Ladestationen gibt?
Schau doch mal bei goingelectric.de oder plugfinder.de vorbei.
Ich verstehe im übrigen die ganze Diskussion um die Abrechnung nicht. Es existieren ja bereits allgegenwärtige Abrechnungs- bzw. Zahlungssysteme die jeder in seinem Geldbeutel hat, nämlich EC- und Kreditkarten. In Augsburg und sicherlich auch andernorts gibt es Ladesäulen mit EC-Karten Terminal. Die Abrechnung erfolgt zwar Stundenweise aber das ist ein anderes Thema.
Die Lösung ist demnach so einfach wie nahe liegend!
Hallo, so einfach ist das (in Deutschland) leider nicht. Alle Stromanbieter würden lieber gestern als heute den gelieferten Strom analog einer normalen Tankstelle versilbern, indes dürfen sie es schlicht nicht! Das Zauberwort heißt „Eichrechtskonformität“. Deutschland schafft es hier Mal wieder einen unglaublichen Papiertiger aufzubauen. Angesichts dieser Unsicherheit und schwebender Verfahren (nebst technischer Unausgegorenheit noch nicht vollständig definierter Vorgaben seitens der Behörden) macht es für Hersteller als auch Stromanbieter gerade so schwer und riskant, mehr Ladesäulen aufzustellen. Wer will schon plötzlich Hunderte von nicht mehr konformen/veralteten Ladesäulen rumstehen haben? Die notwendigen (natürlich teuer geeichten) Zähler sind auch nicht „mal eben“ eingebaut und in der Software verankert.
Hier erfährt man ein wenig: https://www.electrive.net/2017/07/11/eichrecht-kein-problem/
Ladesäulen-Hersteller und Stromanbieter sind hier also ausnahmsweise 😉 mal unschuldig und warten genauso darauf, dass sich die hohen Herren endlich Mal Auskunft…en.