Innovationen haben es mitunter schwer. Denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier und lehnt daher oft Neues ab. Besonders bei des Deutschen liebstem Kind, dem Auto, ist die Kritik oft unerbittlich. Das bekommt das Elektroauto besonders zu spüren. In der Berichterstattung kommt es selten gut weg.
Dabei wird auf vielen Ebenen für Elektromobilität gekämpft. Trotzdem geben sich viele Mühe sie madig zu machen. Hauptargument der Gegner ist die Reichweite. Besonders Paradox die Diskussion um die Lademodi bei Renault Zoe. Neben dem Nissan Leaf das einzige Elektroauto, dass innerhalb einer halben Stunde auf 80 Prozent geladen sein kann. Nun gibt es bei Zoe vorerst nicht die Möglichkeit es ganz langsam an einer normalen Steckdose zu laden und schon ist es auch wieder nicht richtig. Von den Schnelllademöglichkeiten und der passenden Infrastruktur in einigen deutschen Regionen kaum ein Wort.
Heute mache ich daher mal ein kleines Gedankenexperiment und drehe den Spieß um. Wie würde es wohl Verbrennungsmotoren gehen, wenn sie neu wären und bestehende Konzepte verdrängen wollten. Oder einfach gesagt, ich mäkele jetzt mal an den Verbrenner-Autos rum, wie sonst an Elektrofahrzeugen rumgemäkelt wird.
Ein Gedankenexperiment
Die Autoindustrie hat in letzter Zeit immer mehr Prototypen vorgestellt, bei denen ein Verbennungsmotor für Vortrieb sorgt. Dieses Jahr sollen nun die ersten Modelle auf den Markt kommen. Der Motor erzeugt durch die Verbrennung von aus Rohöl gewonnenem Benzin oder Diesel Bewegung. Sie sollen die Alternative zu den Pferdekutschen und Aufziehautos sein.
Klar ein Auto mit Verbrennungsmotor kann mit einer Tankfüllung enorm weit fahren. Je mehr von dem hochgiftigen und explosiven Treibstoff im Tank ist, desto weiter kann das Auto fahren. Doch wer hat schon eine eigene Ölquelle im Garten und eine Raffinerie im Keller? Wohl niemand. Also wird mit hohem materiellem Einsatz in einigen Regionen der Welt das Rohöl aus der Erde gepumpt. Selten wird dabei Rücksicht auf die Umwelt oder die Menschen genommen. Im Nigerdelta oder in Sibirien sind die Zustände besonders dramatisch. In Kanada frisst sich die Ölsandindustrie durch die Wälder und hinterlässt Ödnis und verseuchte Erde. Dabei geht es nicht nur um ein paar Bäume und irgendwelche Tiere. Die Schäden betreffen die Menschen unmittelbar. Von Kriegen die um den Rohstoff geführt werden ganz zu schweigen. Der ökologische und soziale Preis für das Öl ist in Geld nicht aufzuwiegen.
Verbrennungsmotoren gefährden die Gesundheit
Aber das ist ja alles weit weg. Doch Autos mit Verbrennungsmotoren wären auch vor Ort für uns eine reale Gefahr. Verbrennt Diesel oder Benzin, sind die entstehenden Stoffe meist noch viel gefährlicher als die Ausgangsstoffe. Und Benzin- und Dieseldämpfe sind schon extrem giftig und mit hoher Wahrscheinlichkeit krebserregend. Feinstaub, Smog, Stickoxide und Kohlendioxid gefährden die Gesundheit aller die ihnen ausgesetzt sind. Kohlendioxid ist zudem ein Klimagas, das nicht unkontrolliert ausgestoßen werden sollte. Diese Autos brauchen nicht nur Benzin oder Diesel sondern auch mineralisches Öl zur Schmierung der vielen bewegten Teile in Motor und Getriebe. Sowohl der Kraftstoff als auch die Schmiermittel könnten bei einem Umfall austreten und schwere Umweltschäden verursachen. Benzin ist leicht entzündlich. Ein verunfalltes Auto kann also schnell in Flammen aufgehen. Eingeklemmte Passagiere würden dann bei lebendigem Leib verbrennen – keine schöne Vorstellung.
Würden künftig alle Autos mit Benzin fahren, müsste ein umfassendes Netz an Versorgungsstellen für den Kraftstoff aufgebaut werden. Dort müssten ausreichend Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, dass die gefährlichen Stoffe nicht in die Umwelt gelangen können, oder dass bei einem Feuer nicht das ganze Viertel in Schutt und Asche gelegt wird. Dazu müsste der Treibstoff irgendwie zu diesen Verkaufsstellen gebracht werden. Das würde einen enormen logistischen Aufwand bedeuten.
Fahrende Heizungen
Der Verbrennungsmotor heißt nicht nur Verbrennungsmotor weil er den Kraftstoff verbrennt, sonder weil er auch Geld verbrennt. Der Wirkungsgrad liegt gerade mal bei ungefähr 40 Prozent. Manche Motoren kommen sogar nur auf 20 Prozent. Das bedeutet, dass 60 bis 80 Prozent der im Kraftstoff gespeicherten Energie nicht in Vortrieb, sondern in Wärme umgewandelt wird. Ein Verbrennungsmotor ist also hauptsächlich eine fahrende Heizung. Kaum vorstellbar, dass ein solches System wirtschaftlich sein kann. Noch dazu wenn der verbrannte Rohstoff nur begrenzt zur Verfügung steht. Das Rohöl auf der Erde ist endlich. Um so knapper die Ressource, desto höher der Preis. Es wäre also Irrsinn, einen kostbaren Rohstoff so gedankenlos zu verheizen.
Keine Ruhe, nirgends
Und da ist noch ein Nachteil der neuen Technik. Sie ist laut. Und zwar verdammt laut. Wer schon einmal einer Vorführung eines Verbrennungsautos beigewohnt hat, der wird um den Lärm wissen, den sie machen. Man möchte sich gar nicht vorstellen welcher Krach entstünde, wenn ganze Kolonnen davon über die Straßen fahren. Das Leben in den Innenstädten wäre nicht mehr lebenswert.
Es ist also kaum damit zu rechnen, dass sich der Verbrennungsmotor durchsetzen wird. Schicken wir die Ingenieure noch einmal zurück in ihre Labore. Da müssen sie sich etwas besseres einfallen lassen. Zerstörerisch, giftig, brandgefährlich, ineffizient, laut und kaum zu bewältigende logistische Herausforderungen, das kann schwerlich innovativ sein.
8 Kommentare
Unfassbar, was für einen Schwachsinn sich die Industrie da wieder ausgedacht hat. Und das mit unseren schönen Steuergeldern in Form von Subventionen!
Sehr richtungsweisendes „Gedankenexperiment“!
„Doch wer hat schon eine eigene Ölquelle im Garten und eine Raffinerie im Keller? “
Genau diese Überlegung, mitsamt der Erweiterung, dass wir mit solarbasierter eMobilität entscheiden, ob unsere Kinder sich mit Stahlhelm oder Sonnenhut in der Welt bewegen, treibt mich schon seit einigen Jahren an, da einiges Praktische mit auf die Wege zu bringen. (s. http://www.dachscheich.com)
[…] interessanter Gedankenanstoß von Jana Höffner in Sackgasse Verbrennungsmotor – Ein Gedankenexperiment, den ich hier etwas abgewandelt oder weiter gedacht […]
Gefällt mir gut dein Gedankenexperiment! Hab auch schon mal überlegt, so was Ähnliches zu schreiben, bin aber leider bis jetzt nicht dazu gekommen.
Dafür hab ich mir mal die Müh gemacht, um alle Vorteile, die Elektroautos gegenüber den Benzinstinkern haben, zusammenzuschreiben – siehe hier:
http://www.elektroautor.com/die-vielen-vorteile-eines-elektroautos-wer-bietet-mehr/
Beste Grüße,
eVolk {:-)
Sehr gute zu Papier gebrachte Gedanken und sie beschreiben genau das, was ich bei jedem Beitrag „unserer ach so seriösen Journalisten“ über Elektroautos denken. Danke!
[…] Verbrennungsmotor. Dagegen ist Elektromobilität nicht gefährlich. Ein Vergleich der doch etwas an einen Artikel hier […]
Toll!
Wir haben inzwischen 2017 und auf den Straßen ist eigentlich wenig Richtungweisendes passiert. Nur die Zahl der unnötig großen und breitbereiften Urban Vehicles ist weiter gestiegen.
Wurden wahrscheinlich dringend benötigt.
Ich schmunzle jedenfalls noch immer über die fahrenden Heizungen.