Die Technikgeschichte ist auch eine Geschichte der Fehlprognosen. Heute lachen wir über Zitate wie: „Mehr als 640 kb Speicher braucht kein Mensch“ (Bill Gates), „Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten – allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren.“ (Gottlieb Daimler, 1901) oder „Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt.“ (Thomas Watson, CEO IBM 1943).
Auch bei den erneuerbaren Energien und der Elektromobilität wird nicht mit düsteren Prognosen gespart. Jedes Problem wird gerne von selbsternannten und ausgewiesenen Experten zum Todesstoß für die Technologie erklärt. Anstatt die Probleme als Herausforderung zu sehen. Das macht schließlich die Wissenschaft und Forschung aus. Für neue Herausforderungen, neue Lösungen zu finden.
Aber nicht alles was nach einer guten Idee klingt, muss auch eine sein. Dafür steht wohl wie kein anderer der selbst nachbestellende Kühlschrank. Wenn wir wirklich wollten, dass unser Kühlschrank automatisch die Lebensmittel nachbestellt, würde er es schon längst machen. Diese Prophezeiung ist fast so alt wie das Internet.
Ist das Elektroauto also nun der Computer oder der autarke Kühlschrank der Wissenschaftsgeschichte?
Individuelle Mobiltät auf Grundlage von Verbrennungsmotoren bringt einige Probleme mit sich, u.a.:
- Der Rohstoff für die Verbrennung ist endlich.
- Die Förderung des Rohstoffs ist mit erheblichen Umweltrisiken verbunden.
- Der Preis für den Rohstoff steigt und wird weiter steigen.
- Durch die Verbrennung entstehen klimaschädliche Gase.
- Durch die Verbrennung entstehen ferner weitere giftige Stoffe.
- Gewinnung des Rohstoffes aus Pflanzenmaterial steht in Konkurrenz zur Lebensmittel-Landwirtschaft.
Wäre der Verbrennungsmotor erst neulich erfunden worden, wären das ziemliche knock-out Argumente für diese Technologie. In der Summe zeigen sie aber, dass individuelle Mobilität neu gedacht werden muss.
Und der autarke Kühlschrank? Wer will schon jede Woche das gleiche essen?
Das Elektroauto ist also eher der Computer und nicht der Kühlschrank. Warum wird das Elektroauto dann immer wieder tot gesagt. Warum surrt es nicht auf unseren Straßen, sondern drönt und stinkt weiter. Der Blog des Fraunhofer-Institutes für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO verweist auf den Hype-Zyklus bzw. die Gartner-Kurve. Auch die Elektromobilität folgt ihrer Meinung nach der Gartner-Kurve. Nach dem anfänglich Hype, wandert die Elektromobilität gerade durch das Tal der Enttäuschungen in dem die Realität die überzogenen Erwartungen eingeholt hat. Aber kein Grund für Unkenrufe oder gar Grabreden auf die Elektromobilität, denn nach dem Tal der Enttäuschungen folgt der Pfad der Erleuchtung und schließlich das Plateau der Produktivität. Die Frauenhofer sind jedenfalls optimistisch und sehen alles nach Plan laufen.
3 Kommentare
Bin ganz Ihrer Meinung. Ich hätte zum Kühlschrank einen Link für Sie, der noch ein paar Wochen weiter in die Vergangenheit weist. Den Text habe ich 1999 selbst geschrieben – für den 25-Jahre-Computerwoche-Jubiläumsband. Der Unterschied zur Berliner Zeitung: Ich habe den Schmarrn schon damals zerpflückt. Auch Glass war damals schon Thema, nur hatte das kleine Startup Google noch keine Aktien drin.
„Der Bauknecht im Haus erspart den Gang zum Tengelmann.
…
Selbst bei teuren Wasch- oder Spülmaschinen gibt es solange kein überzeugendes Argument für den Internet-Anschluß, wie nicht das vorhandene Stromkabel zur Datenübertragung genutzt wird. Wer einen Ruf als Hersteller zuverlässiger Geräte zu verteidigen hat, kann nicht im Ernst vom Kunden erwarten, daß er sich eine Ethernet- oder TAE-Dose in die Waschküche legen läßt, damit der Servicetechniker bei den zu erwartenden Reparaturen vorher jeweils eine Ferndiagnose machen kann.
Ohnehin setzen solche Innovationen eine passende Infrastruktur voraus, die sich nur bei einer genügend großen Nachfrage entwickelt. So ist von allen Vorschlägen für den Electronic-Commerce-kompatiblen Privathaushalt des Jahres 2010 vielleicht der am reizvollsten, bei dem der Kühlschrank durch einen Barcodescanner für die entnommenen Lebensmittel aufgerüstet wird. Aber diese Datenerfassung bringt erst dann wirklichen Nutzen, wenn es ein flächendeckendes Netz von preiswerten Supermärkten mit schnellem Lieferservice gibt.
Ohnehin bleibt die Idee, so wie sie vorgetragen wurde, unvollständig. Zu einen kann sie den Gang zum Supermarkt nicht ersetzen, weil ja auch Zucker, Klopapier und Spülmittel nachgekauft sein wollen. Zum anderen will der Verbraucher die Entscheidung, ob er sich die neue Leichtfettmayonnaise ein zweites Mal kaufen soll, sicher nicht dem Kühlschrank überlassen. Schließlich wäre noch das Problem der angebrochenen, in den Kühlschrank zurückgestellten Packungen zu lösen. Vielleicht sollte die Datenerfassung besser am PoE (Point-of-Eat) oder am PoG (Point-of-Garbage) stattfinden.
Wie der selbsteinkaufende Kühlschrank kranken viele technikbasierte Zukunftsvisionen an der Vernachlässigung des gesellschaftlichen Kontexts. …“
P.S.: Fraunhofer schreibt man nur mit einem e, nicht mit zweien. Und im dritten Absatz von unten, mittlere Zeile, fehlt ein n. 🙂
Danke, ich habe die Fehler korrigiert.
Nachklapp: Der erwähnte Link liegt unter meinem Namen (bei „Website“ eingetragen).