Jetzt ist es offiziell: Der deutsche „Leitmarkt“ für Elektromobilität ist vorerst Geschichte. Zumindest was Schnellladeinfrastruktur angeht. Denn niemand anderes als das niederländische Startup Fastned hat im Rahmen von TEN-T von der EU den Auftrag und die Förderung bekommen, in Deutschland ebendiese Schnellladestationen zu bauen.
Es war schon lange ein offenes Geheimnis, dass das Amsterdamer Startup-Fastned nach Deutschland schielt. Nachdem sie sich in den Niederlanden erfolgreich langfristig 201 Konzessionen zum Bau von Schnellladestationen an Autobahnen gesichert haben, wollen die beiden Firmengründer Bart Lubbers und Michiel Langezaal auch den brachliegenden Deutschen Markt erobern.
Trotz Millionenförderung, ist eine Schnellladeinfrastruktur in Deutschland nicht in Sicht. An den Paar Schnellladesäulen an der A9 zwischen München und Leipzig können nur BMW- und VW-Elektrofahrzeuge schnellladen. Da war der vermeintliche Schutz der deutschen Automobilwirtschaft wichtiger, als die Elektromobilität wirklich zu fördern. Fastned will mit Stromtankstellen in absehbarer Zeit Geld verdienen. Also können bei ihnen alle drei auf dem Markt befindlichen Standards schnellladen.
Elektrisch von Schweden nach Österreich
Das europäische TEN-T (Transeuropäische Netze) sieht in Deutschland zunächst zwei Korridore vor. Von Fehmarn über Hamburg an die niederländische Grenze und der zweite, wesentlich längere startet ein Stück weiter südlich ebenfalls an der deutsch-niederländischen Grenze, zieht sich durch das Ruhrgebiet, über die A3 nach Frankfurt, Würzburg, Nürnberg, dann auf der A9 weiter nach München und dann über die A8 bis an die österreichische Grenze.
Gleichzeitig bauen andere Anbieter die Infrastruktur in Schweden, Dänemark und Österreich aus. So entsteht ein Schnellladekorridor von Schweden nach Salzburg. Von den insgesamt 4,2 Millionen Euro Fördergeldern bekommt allein Fastned zwei Millionen Euro. Für alle 64 Stationen in Deutschland rechnet Fastned mit Kosten von insgesamt 12,8 Millionen Euro.
Der wichtigste nächste Schritt sei jetzt die entsprechenden Genehmigungen in Deutschland zu bekommen. Langezaal ist aber überzeugt, dass es hier keine Probleme geben wird. „Ich sehe die Subventionen als Bestätigung des Projekts durch die EU. Wenn die deutschen Behörden sich querstellen, müssen sie das mit der EU ausmachen“, sagt Langezaal zu Sprout.nl. Und Langezaal will in Deutschland aufs Tempo drücken. „In den Niederlanden dauerte es ungefähr zweieinhalb Jahre, bis die erste Station gebaut wurde. Mit unseren heutigen Erfahrungen können wir das in Deutschland in einem Jahr schaffen“, so Langezaal weiter zu Sprout.nl. Und dass die Niederländer gerade erst so richtig in Fahrt kommen beweisen sie gerade Woche für Woche in den Niederlanden. Denn derzeit eröffnen sie dort pro Woche eine neue Schnellladestation.
Für Wettbewerber wird es eng
Diese Meldung ist nicht nur eine gute Nachricht für viele Elektroautofahrer. Das ganze wird auch weitreichende Folgen für den Schnelllademarkt in Deutschland haben. Mit diesem Projekt bekommt Fastned einen Fuß in den deutschen Markt und hat schon eine zentrale Route durch die Republik in der Hand. Fastned wird es sicher nicht dabei belassen und sich möglichst schnell die anderen attraktiven Standorte die die Ballungszentren und Metropolregionen in Deutschland verbinden sichern. Und der Markt wird noch auf absehbare Zeit so übersichtlich bleiben, dass für einen Wettbewerber kein Platz bleibt.
Vielleicht ist es aber auch eine Initialzündung, die deutsche Energieversorger und Konsortien aus ihrem Dornrösschen-Schlaf im Forschungs-Elfenbeinturm reißt und ein Run auf die besten Standorte für Schnelllader an deutschen Autobahnen beginnt.
Mit Material von Fastned und Sprout.nl – Übersetzungen durch die Autorin.
Update: 28. April 2016
Noch bis 19. Mai sammelt Fastned in einer weiteren Finanzierungrunde Geld ein, um ins europäische Ausland und damit auch nach Deutschland zu wachsen.
10 Kommentare
jetzt macht die foren diskussion mit der anhängerkupplung an der zoe wirklich sinn – das ist doch die carvaning strecke par exellence
Echt jetzt ? Fahren so viele Holländer nach Österreich ? Ich verstehe die Wahl des Korridors nicht, die Nord-Süd Achse Deutschlands geht mal wieder leer aus und da hat es in der Saison reichlich Holländer mit Caravan. Bleibt also noch die Chance, für inländische Anbieter ein Schnellladenetzwerk entlang der A5 und A7 zu bauen, dann käme man auch von Basel nach Hamburg…
nicht nur durch die heutige volksabstimmung wird klar: die schweiz ist zu teuer!
Hallo Jana,
ich hoffe sehr, dass nun endlich was losgeht. Was SLAM und co gerade machen ist für mich nicht nachvollziehbar. Und über das Wort Leitmarkt kann ich schon nicht mehr lachen, das ist zum weinen, wie hier manche glauben vorn sein zu können und dabei am Ende stehen.
Leider sind diese Korridore zu weit weg von Stuttgart, so dass mein e-Gölfe noch nicht dran teilnehmen darf.
Gruß
Andreas
Die Wahl des Korridors liegt nur eingeschränkt im Ermessen der Niederländer. Das ist ein europäisches Projekt, dass Nordeuropa abdecken soll. Es konnten sich auch deutsche Unternehmen an der Ausschreibung beteiligen. Offenbar hat das aber niemand gemacht oder Fastned hat einfach die besten Voraussetzungen gehabt.
Und Fastned wird es sicher nicht bei den Säulen für das TEN-T Projekt belassen. Wenn die hier erstmal einen Fuß in der Tür haben, kümmern sie sich auch um die anderen attraktiven Standorte. Deutsche Konkurrenz müssen sie ja nicht ernsthaft fürchten.
Die Frage ist doch einfach die: Fahre ich an eine Säule wo ich nur mit CCS laden kann und nicht weiß, ob sie auch funktioniert oder fahre ich an eine Säule wo ich mit CCS, CHAdeMO und AC43 laden kann und der Anbieter nach Kräften daran arbeitet, eine Uptime nahe 100 Prozent zu garantieren?
Seit schon vielen Wochen zeigt die Fastned.nl Seite immer nur die Fertigstellung von 19 Standorten. Ist der Firma ggf. das Geld ausgegangen oder ist Winterpause?
War wohl eher Winterpause. Diese Woche sind die nächsten beiden Baustellen gestartet.
Ich konnte bisher nichts Neues zu der geplanten Trasse finden. Fastned scheint die Informationen auch wieder von der Seite genommen zu haben. Hat womöglich die Ankündigung, dass die Rast&Tank Stellen von Deutschland unterstützt werden für Probleme gesorgt?
Leider konnte ich keinen Zeitplan finden – ich hätte aber gedacht, dass ein Jahr genügend Zeit ist um zumindest eine Station mal symbolisch aufzubauen 🙂
Hallo Christian,
ich habe mal bei Fastned nachgefragt. Sie arbeiten dran, haben aber noch keinen spruchreifen Zeitplan. Für uns heißt es also weiter warten.
Beste Grüße
Jana