„Alle unsere Patente gehören euch!“ Elon Musk, Mitbegründer und CEO von Tesla Motors gibt die Patente von Tesla Motors frei. Teslas Technologievorsprung steht nun allen zur Verfügung. Was verspricht sich Elon Musk von dieser Offerte und wie wird es den Markt für Elektrofahrzeuge beeinflussen?
Schon beim Aktionärstreffen am 3. Juni 2014 kündigte Elon Musk an, dass Tesla Motors in Sachen Patente einen neuen Weg gehen wird. Vergangenen Donnerstag ließ Musk dann im firmeneigenen Blog die Bombe platzen. „Alle unsere Patente gehören euch.“ Tesla Motors wird keine rechtlichen Schritte gegen denjenigen einleiten, der die Technik von Tesla Motors in eigenen Entwicklungen einsetzt. Dieser Schritt ist so ungewöhnlich, dass es sogar in den heute-Nachrichten im ZDF eine Meldung wert war.
Normalerweise sind Patente so etwas wie eine Lizenz zum Geld drucken. Apple und Samsung etwa beschäftigen Gerichte in der ganzen Welt mit ihren Patentstreitigkeiten. Das Geschäftsmodell ganzer Firmen beruht darauf, Patente aufzukaufen und Firmen, die möglicherweise diese Patente verletzen in Grund und Boden zu klagen. Patente sind aber auch das Kapital von Unternehmen, weil sie den technischen Vorsprung gegenüber ihren Mitbewerbern sichern.
Gemeinsam mehr erreichen
Das Tesla Motors diesen technischen Vorsprung in Sachen Elektroautos hat, ist unbestritten. Das Model S glänzt nicht nur durch eine kaum erreichte Energieeffizienz, Reichweite und Schnellladefunktion. Elektroautos anderer Hersteller ziehen gegenüber dem Model S immer den kürzeren. Elon Musk reicht seiner Konkurrenz nun die Hand, fordert sie auf nachzuziehen und endlich konkurrenzfähige Modelle auf den Markt zu bringen. Auf den ersten Blick klingt das nach wirtschaftlichem Harakiri. Wenn andere nun mit dem Know-how von Tesla Motors Elektroautos bauen, die eine ernsthafte Konkurrenz zum Model S und dem kommenden Model X darstellen, gräbt er sich dann nicht selbst den potentiellen Absatz ab? Tesla produziert derzeit nach eigenen Angaben am Limit. Anders als die Volumenhersteller, produziert das Werk im kalifornischen Freemont nicht auf Halde, sondern nur auf Bestellung. Jedes Model S, dass das Band verlässt ist verkauft.
Doch Elon Musk verfolgt einen größeren Plan, ja man kann schon sagen, er hat eine Mission. Und die ist nicht weniger, als unsere individuelle Mobilität neu zu erfinden. Für ihn hat der Verbrennungsmotor in jeder Form in einem Auto ausgedient. Alle Autos sollten einen elektrischen Antrieb haben. Die Vorteile liegen auf der Hand. Keine lokalen Emissionen, bessere Fahrleistungen und wartungsfreundlichere Fahrzeuge. Zudem kann der Treibstoff zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen stammen. Keine Abhängigkeit mehr vom Öl und vor allem von den Produzenten. Keine sozialen und ökologischen Folgekosten durch Förderung, Transport und Raffinierung des Treibstoffs.
Doch die Großzahl der Automobilbauer hat das noch nicht verstanden und setzt weiter auf Verbrennungsmotoren. Zwar haben immer mehr Hersteller auch Elektroautos im Angebot, doch die werden von den Herstellern selbst als Nischenprodukte angesehen und auch so behandelt. Elon Musk weiß aber, dass er alleine den Automarkt nicht elektrifizieren kann. Wenn nicht auch andere Hersteller große Stückzahlen leistungsfähiger Elektroautos auf den Markt bringen, wird seine Mission wahrscheinlich scheitern.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Durch große Stückzahlen, so Musks Kalkül, beschleunigt sich der Ausbau der Infrastruktur und die Kosten für die Akkus sinken drastisch. Bis der Punkt erreicht ist, an dem ein Elektroauto mit drei bis vierhundert Kilometern Reichweite genauso viel, oder gar weniger kostet als ein vergleichbares Auto mit Verbrennungsmotor. Was dann mit denen passiert, die weiter auf Verbrennungsmotoren setzen, lässt sich an fünf Fingern abzählen.
Aber nicht nur Tesla hat einen technologischen Vorsprung. Auch Nissan, Renault und BMW haben in Sachen Elektromobilität einiges vorzuweisen. Welchen Vorsprung könnten sich diese Hersteller sichern, wenn sie Musks Offerte annehmen und gemeinsam an der Elektromobilität arbeiten. Warum auch nicht? Derzeit haben alle Hersteller kein einziges Modell, dass in direkter Konkurrenz zu einem Modell des anderen Herstellers steht. Dies ändert sich jedoch spätestens mit der Einführung des eGolfs, Kia Soul EV und der Mercedes Benz B-Klasse ED im Laufe dieses Jahres.
Standardisierung durch die Hintertür?
Was auf den ersten Blick wie ein wirtschaftlicher Offenbarungseid wirkt, ist in Wirklichkeit offensichtlich ein genialer Schachzug von Elon Musk. Kein Wunder also, das der Börsenkurs der Tesla-Aktie am vergangenen Donnerstag nur leicht verliert und schon seit Freitag wieder steigt. Sollten mehrere Hersteller wirklich auf Teslas Technik zurückgreifen, könnten Teslas Innovationen durch die Hintertür zum Standard werden.
Heute kursierten dann erste Gerüchte im Netz, dass Tesla Motors bereits mit BMW und Nissan über eine Nutzung des Supercharger-Netzwerks verhandele. Wenn auch andere Fahrzeuge die Supercharger von Tesla nutzen, kann Tesla dort viel Strom verkaufen. Auch wenn die Patente frei sind, wird Tesla Motors sicher nicht den Strom an BMW- und Nissan-Kunden verschenken, wie es bei Tesla-Kunden der Fall ist. Bleibt zu hoffen, dass mit Nissan auch Renault an Board ist. Letzte Woche ließ Renault über Twitter jedoch noch verlautbaren: „We heard about it [the Tesla announcement, Anmerkung der Red.]! But the issue has not yet been attentively considered.” („Wir haben von Teslas Ankündigung gehört! Das Thema wurde aber bis jetzt noch nicht aufmerksam betrachtet.“). Dann sperrt mal die Glotzer auf und kommt in die Pötte liebe Renaults!
Denn wer in Sachen Elektromobilität morgen noch eine Rolle spielen will, muss immer auf Höhe des technischen Fortschritts sein. Die meisten Elektrofahrzeuge mit Schnellladefähigkeit könnten mit leichten Modifikationen tatsächlich am Supercharger laden. So müsste bei der Zoe lediglich das bordeigene Ladegerät, das aus Wechsel- Gleichstrom macht, bei Bedarf gebrückt und eine Ladesteuerung für den Supercharger ergänzt werden. Im Nissan Leaf oder BMW i3 die schon mit Gleichstrom schnellladen können, müsste eine zusätzliche Buchse für den Supercharger mit entsprechender Ladesteuerung verbaut werden.
Strom ist Strom ist Strom
Häufig heißt es, die Leistung der Supercharger würde die vergleichsweise kleinen Akkus anderer Elektroautos zum schmelzen bringen. Doch die aufgenommene elektrische Leistung wird durch den Verbraucher bestimmt. Sonst könnten Sie auch kein Handyladegerät mit etwa 3,5 Watt an eine normale Steckdose mit 3,7 Kilowatt maximaler Leistung anschließen, ohne dass es binnen Sekunden in Rauch aufginge. Wenn die Ladesteuerung des Fahrzeugs nur maximal 50 Kilowatt Leistungsaufnahme zulässt, kann der Supercharger auch nicht mit Gewalt mehr Leistung in den Akku pressen.
Bis jetzt war für die Zeit, nach meiner Zoe eigentlich schon fest ein Tesla Model E eingeplant. Doch das Rennen ist wieder offen. Am Ende entscheidet das beste Fahrzeug in Sachen Reichweite, Ladetechnik, Sicherheit und Preis das Rennen für sich. Wenn es für die Zoe, wie gerüchteweise angekündigt auch den größeren Akku zum Nachrüsten gibt und ich sie mit Wechsel- und Gleichstrom schnellladen kann, verbringen wir aber noch viele gemeinsame Jahre.
Teslas Patentcoup könnte eine Win-win-win-win-win-Situation ergeben. Tesla profitiert von belebender Konkurrenz, der Einführung eigener Techniken als Standards durch die Hintertür und könnte an seinen Superchargern allen Strom verkaufen, die anderen elektrisch engagierten Hersteller könnten ihre Fahrzeuge ohne viel Forschungsaufwand verbessern, neue Player könnten in den Markt einsteigen und für Start-ups findiger Ingenieure gäbe es reichlich Elektrofahrzeuge zu modifizieren.
Bis es soweit ist könnte Tesla auch einfach noch CHAdeMO, CCS und in Europa AC 43 Rüssel an die Supercharger hängen und so schon mal anfangen viel Strom zu verkaufen.
4 Kommentare
Es tut so gut, wenn man das, was man selbst denkt, von einer anderen Person lesen kann. Ich bin selbst Fan von Tesla seit der ersten Planung und mache am 24. August eine Probefahrt. Leider wird das Model S meine finanziellen Kapazitäten sprengen. Ich warte auch auf das Model E. Derzeit fahren wir einen Kia Venga und überlegen uns die Anschaffung eines Zoe. Nicht ganz geklärt ist die Möglichkeit von Urlaubsfahrten. Gibt es da von Renault die Möglichkeit eines relativ preiswerten Ersatzfahrzeugs?
Hallo Rüdiger,
Renault bietet vergünstigte Mietwagen. Aber mit diversen Autoclub-Rabatten kommt man in der Regel günstiger Weg.
Alternative könnte auch Stadtmobil o.ä. sein.
Danke.
Elektroautohersteller Tesla Motors will nach dem Anfang 2015 kommenden SUV-Crossover Model X ein weiteres neues Produkt auf den Markt bringen. Der Stromer für den Massenmarkt soll 20 Prozent kleiner als das Model S werden und vor allem dem BMW 3er Konkurrenz machen.
Die Reichweite des Mittelklasse-Elektroautos soll etwa 320 km betragen, mit einer Markteinführung ist allerdings nicht vor 2016 zu rechnen. Als Name für das neue Modell war eigentlich “Model E” vorgesehen, nach einem Streit mit Ford, die die Rechte an dem Namen besitzen, wurde jetzt erstmals der neue und endgültige Name bestätigt: Model 3 bzw. Model III.